Die Ausgabe 4-2023 der Fachzeitschrift care konkret vom Vincentz-Verlag widmen sich u.a. dem Thema Verhinderungspflege – Viele Pflegedienste verschenken Geld.
Ein Beitrag von linkka.

Motivation für dieses Thema

Laut einer aktuellen VdK-Studie nutzen Pflegebedürftige Leistungen der sogenannten Verhinderungspflege sowie der Kurzzeitpflege in Höhe von jährlich ca. 8 Milliarden Euro nicht.
Pflegedienste sollten dieses Umsatzpotential erkennen, passgenau positionieren und effizient umsetzen.

Verhinderungspflege nach SGB XI

Die Idee des Gesetzgebers ist einfach. Pflegende Zu- und Angehörige brauchen auch mal eine Auszeit von der Pflege.
Über die Verhinderungspflege sollen diese stundenweise, tageweise oder wochenweisen Auszeiten der Pflegeperson finanziert werden.
Dieser Anspruch ist im Sozialgesetzbuch XI §39 geregelt: „Ist eine Pflegeperson wegen Erholungsurlaubs, Krankheit oder aus anderen Gründen an der Pflege gehindert, übernimmt die Pflegekasse die nachgewiesenen Kosten einer notwendigen Ersatzpflege für längstens sechs Wochen je Kalenderjahr.“

Voraussetzungen

Die Voraussetzungen zur Inanspruchnahme des Budgets sind gegeben, wenn:

  • eine Pflegeperson der Pflegekasse benannt wurde,
  • die pflegebedürftige Person mindestens Pflegegrad 2 hat (Anmerkung: Der Pflegegrad 2 muss zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Verhinderungspflege vorliegen, nicht zwingend 6 Monate vorher),
  • die pflegebedürftige Person mindestens 6 Monate in der häuslichen Umgebung pflegerisch versorgt wurde (Anmerkung: Pflege-Pausen, welche nicht länger als 4 Wochen dauerten sind zulässig. Es ist nicht erforderlich, dass dieselbe Pflegeperson die Unterstützung geleistet hat.)

Antragstellung

Die Verhinderungspflege ist eine Erstattungsleistung, d.h. die Pflegekasse erstattet nur entstandene Kosten.
Eine Beantragung der Leistungen ist rein rechtlich nicht notwendig.
Die Praxis zeigt jedoch, dass viele Pflegekassen eine Antragstellung erwarten, insbesondere bei der ersten Inanspruchnahme.
Hier sollte der Pflegedienst beraten und unterstützen.

Budget

Das Budget der Verhinderungspflege ist ein Jahresbudget.
Dieses beträgt 1.612 Euro pro Kalenderjahr und ist nicht auf das Folgejahr übertragbar.
Der volle Betrag steht auch dann zur Verfügung, wenn die Inanspruchnahme unterjährig stattfindet und die Voraussetzungen erfüllt sind.
Es ist möglich, diesen Betrag um 50% des Budgets der Kurzzeitpflege (806 Euro) aufzustocken.
Somit kann mit einem Maximal-Gesamtbudet von 2.418 Euro pro Jahr pro Pflegekunde kalkuliert werden.

Der Gesetzgeber unterscheidet zwei Verwendungsalternativen.

Reguläre Verhinderungspflege

Hier dauert der Einsatz länger als 8 Stunden pro Tag und führt zur Kürzung des Pflegegeldes um 50%.
Gleichzeitig ist diese Verwendungsmöglichkeit auf 42 Tage im Jahr begrenzt.

Typische Einsatzfälle sind Erholungsurlaub sowie Krankheit der Pflegeperson.

Stundenweise Verhinderungspflege

Sind die Einsätze kürzer als 8 Stunden pro Tag, erfolgt keine Kürzung des Pflegegeldes. Gleichzeitig werden diese Einsätze nicht den regulären Verhinderungstagen zugerechnet.

Die stundenweise Verhinderungspflege wird in 90% der Fälle genutzt. Typische Gründe für die Nutzung sind u.a. feste Termine der Pflegeperson z.B. Pflegekurse sowie außerplanmäßige Termine z.B. Arztbesuche.

Chancen für den Pflegedienst

Wir empfehlen Pflegediensten die Leistung Verhinderungspflege ganzheitlich zu konzipieren und zu realisieren.

Die Umsetzung kann entlang des PDCA-Zyklus erfolgen.

Plan – Planung

In der Planungsphase wird der Ist-Zustand beurteilt.

Hier können Kennzahlen erhoben und analysiert werden u.a.:

  • Verhältnis abgerechnete Verhinderungspflege-Kunden / SGB XI-Kunden
  • Verhältnis Umsatz Verhinderungspflege / SGB XI-Umsätzen
  • Verhältnis IST-Umsatz Verhinderungspflege / Max-Budget Verhinderungspflege ohne Kurzzeitpflege bzw. mit Kurzzeitpflege

Weitere Analyse-Fragen sind:

  • Wann, wie und durch wen wird die Leistung heute positioniert?
  • Wird die Leistung in einer Gesamt-Budgetplanung für den Kunden berücksichtigt?
  • Welche Preismodelle nutzt der Pflegedienst?
  • Welche Personenkreise erbringen die Leistungen?

Anschließend werden SMARTE-Ziele (spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch, terminiert) sowie Maßnahmen festgelegt.

Die Ziele können in Form konkreter SOLL-Kennzahlen ausgestaltet werden z.B.

Verhältnis Umsatz Verhinderungspflege / Gesamtumsatz SGBXI im Jahr 2023 >= 6%.

Die Maßnahmen können beinhalten u.a.

  • Leistungskatalog definieren z.B.
    • Grundpflege
    • Betreuung
    • Haushaltshilfe (unstrittig sind hier u.a. die Zubereitung von Speisen)
  • Preisfindung überdenken (Es gibt keine Vorgaben seitens der Kassen zur preislichen Gestaltung – der Pflegedienst definiert seinen Preis)
  • Einsatzplanung überdenken (Es gibt keine Vorgaben seitens der Kassen zum eingesetzten Personal – es müssen keine Pflegefachkräfte eingesetzt werden!)
  • Marketingunterlagen definieren z.B. separater Flyer
  • Prozess definieren u.a. Beratungsablauf, Antragstellung, Leistungserbringung, …
  • u.w.

Einige Pflegedienste nutzen derzeit die Möglichkeiten der stundenweisen Versorgung nur eingeschränkt. Die Etablierung effizienter Prozesse zur Nutzung der stundenweisen Verhinderungspflege bietet die Chance, diese Versorgungs-Alternative zu professionalisieren, Mindesteinsatzzeiten z.B. von 2 Stunden können das Konzept ergänzen.

Bedenken Sie, stundenweise Versorgung reduziert die Kosten u.a. Fahrzeiten und ermöglicht gleichfalls den Einsatz neuer Mitarbeiterprofile z.B. Betreuungskräfte.

Die Nutzung der Verhinderungspflege in den ersten Versorgungswochen kann ein Argument bei der Neukundengewinnung, z.B. von Pflegegeldempfängern, sein.

Do – Umsetzung

In der Umsetzungsphase werden die zuvor definierten Maßnahmen eingeleitet und der neue Prozess pilotiert. Parallel sind die Voraussetzungen zur Messung der Kennzahlen zu schaffen.

Nutzen Sie alle vorhandenen Beratungsformate zur Adressierung einer bedürfnis- und bedarfsorientierten Verhinderungspflege u.a. §37(3) SGB XI, §45§ SGB XI sowie die Erst- und Folgebesuche. Die Kenntnis der Budgetmöglichkeiten sowie der gesetzlichen Voraussetzungen sind notwendig, eine geschulte Verkaufsrethorik unerlässlich.

Hier leistet das GROW-Modell gute Dienste:

GOAL:             Welches sind die Ziele zur Entlastung der Pflegeperson?

REALITY:         Wie ist die momentane Situation?

OPTIONS:       Wie kann Verhinderungspflege die Versorgung ergänzen?

WILL:               Was sind die nächsten Schritte?

 

Check – Überprüfung

Der Erfolg der Neuausrichtung kann anhand der erreichten Kennzahlen gemessen werden.

Act – Verbesserung

Wie in allen anderen Prozessen auch, sollten die Effektivität und Effizienz der Umsetzung der Pflegedienst-Leistung Verhinderungspflege einem Verbesserungsprozess unterliegen.
Hierfür eignet sich das 4. Quartal, um Optimierungen im Folgejahr berücksichtigen zu können.

In aktuellen Beratungsmandaten ist es gemeinsam gelungen, durch konzentrierte Aktionen die Umsätze der Verhinderungspflege zu steigern und zusätzliche, angemessene Gewinne zu erwirtschaften. Nutzen auch Sie diese Möglichkeiten.

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